In London, dem europäischen Zentrum für
Branding und kreativem Nabel der Welt, habe ich einige interessante Sachen
gelernt. Eine meiner Aufgaben während meines Praktikums bei Barnaby Benson
Copywriting war das Durchführen von Marktforschung auf dem deutschen Markt. Als
ich nach potentiellen neuen Geschäftspartnern in Deutschland gesucht habe,
haben sich mir auffällige Unstimmigkeiten eröffnet.
Mir sind viele englische Versionen
deutscher Webseiten mit nur durchschnittlich gutem Englisch begegnet. Um es
kurz zu fassen: Hier gibt es eine Menge Verbesserungspotential. Wenn man
darüber nachdenkt, ist es logisch, dass jedes Unternehmen eine englische
Webseite benötigt, um internationale Kunden anzuziehen. In Deutschland jedoch
ist es Gang und Gäbe Übersetzungsagenturen zu beauftragen. Diese fertigen dann
eine gute, wörtlich übersetzte englische Version der deutschen Originalwebseite
an. ‚Aber selbstverständlich‘, könnten Sie jetzt sagen. ‚Wo liegt das Problem?
Wenn die deutschen Werbebotschaften großartig sind, sollte eine Übersetzung
doch genügen. Wir haben bereits die komplette Kommunikation dem Tone of Voice
entsprechend formuliert und das notwendige Branding auf Deutsch durchgeführt.
Jetzt müssen wir die Texte nur noch korrekt übersetzen.'
Doch genau an dieser Stelle kommen
interkulturelle Missverständnisse und nicht beachtete nationale Unterschiede
ins Spiel. Was in Deutschland funktioniert, muss nicht notwendigerweise in
Großbritannien – oder einem beliebigen anderen Land – funktionieren. Jeder weiß,
dass man seine Kommunikationsmaterialien dem Zielmarkt des jeweiligen Landes
anpassen muss. Sogar dann, wenn dies bedeutet, dass man sein Branding
überdenken und die Texte neu erstellen muss. Das kostet Zeit und Aufwand – aber
es wird sich lohnen. Sind Übersetzungsagenturen wirklich in der Lage dieses
Überdenken der Markensprache durchzuführen? So wie ich es gesehen habe, scheint
es, als sähen sie dies nicht als Teil ihres Aufgabengebietes.
Sie sind immer noch nicht überzeugt?
Hier ist der Beweis:
Audi erzielte riesigen internationalen
Erfolg mit dem deutschen Slogan: ‘Vorsprung durch Technik’. Jetzt könnten Sie sich
vielleicht denken: ‚Wenn es so wichtig ist, die Markensprache der Kultur
anzupassen, wieso hat dann Audi den Slogan für den britischen Markt nicht in
eine englische Version übersetzt oder eine französische Version für den französischen
Markt entwickelt? Versteht Audi dann etwa nichts von Branding? ‘
Tatsächlich legte Audis globales
Marketingteam beim Verwenden der Sprache zur Erschließung internationaler Märkte
ein besonders fortschrittliches Verhalten an den Tag. Ihnen war bewusst, wieso
Menschen ihre Autos kaufen – weil diese deutsch sind und Deutschland berühmt
für beste Technologie ist. Es bei dem deutschen Slogan zu belassen, sagt zwei
Dinge aus: Deutsch (es ist immerhin eine deutsche Phrase) und Technologie (das
Wort ist der englischen Entsprechung ähnlich genug). Dies sind die zwei großen
Vorteile, die Audi zu bieten hat. Sie sind der Grund dafür, wieso Menschen sich
für einen Kauf entscheiden. Eine Übersetzung, eine englische Version war gar
nicht nötig, da der deutsche Satz alles aussagte – und zwar besser als es auf
Englisch je möglich gewesen wäre.
Außerdem impliziert die deutsche
Phrase eine gewisse Intelligenz des Kunden. Sie ist ein Kompliment an dessen
Emotionen: Ein Audi-Fahrer ist intelligent genug zu verstehen, wieso das
Unternehmen den Slogan auf Deutsch verwendet. Einen Audi zu fahren ist der
Beweis dafür, dass man intelligent ist. Den deutschen Schriftzug zu benutzen
bietet also zusätzlich diesen emotionalen Benefit.
Die interessante Frage, die sich nun
stellt, ist diese: Hätte eine Übersetzungsagentur Audi geraten, die Zeile in
der Originalsprache zu lassen?
Interessanterweise wird in den USA ein
anderer Slogan verwendet – ein englischer Slogan: ‚Truth in Engineering‘. Diese
Tatsache ist wiederrum Beweis für Audis sensiblen Gebrauch von Sprache, um sich
nationalen und kulturellen Unterschieden anzupassen. US-Amerikaner sind
Mehrdeutigkeiten gegenüber weit weniger tolerant als Engländer oder Franzosen.
Daher war ein explizit englischer Slogan gefragt. So wurde der Slogan wieder an
den Zielmarkt angepasst.
Das ist Branding. Und es impliziert
ziemlich eindeutig, wie deutsche Unternehmen ihre internationalen Webseiten
erstellen sollten.
Danke, Barnaby Benson, dass mir durch Sie
einer von vielen Unterschieden zwischen den Werbeindustrien Deutschlands und
Großbritanniens bewusst geworden ist. Ich werde ihn in Erinnerung behalten. Und
die deutschen Unternehmen? Wenn sie international so erfolgreich werden möchten
wie Audi, denke ich, dass ein Erinnern daran keine schlechte Idee wäre.
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